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Thromboseprophylaxe und ambulante medikamentöse Therapie

Eine thromboembolische Prophylaxe der Patienten sollte entsprechend ihrem individuellen thromboembolischen Risiko vorgenommen werden. Bezüglich der Einteilung nach dem Ausmaß des Risikos gab es sehr unterschiedliche Auffassungen. Daher mussten drei Konsensuskonferenzen tagen, um Richtlinien zu erarbeiten. Die Vorschläge sind nicht immer durch kontrollierte Studien belegt. Entsprechend den Richtlinien der Konsensuskonferenzen, insbesondere der letzten europäischen, werden unterschiedliche Vorgehensweisen bei den drei Thromboembolierisiko-Kategorien empfohlen.

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Thromboseprophylaxe und Hochrisikoschwangerschaften

Die Heparinanwendung zur thromboembolischen Prophylaxe in der Schwangerschaft, insbesondere wenn ein hohes Risiko für thromboembolische Ereignisse vorliegt, wird in den verschiedenen Arbeitsgruppen der Fachgesellschaften immer noch diskutiert. Die Arbeitsgruppe der GTH (Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung) hat mit namhaften Gynäkologen das hohe Risiko in der Schwangerschaft (Hochrisikoschwangerschaft) definiert.
Aktuell ist die große nationale Multicenteruntersuchung EThIG (Effektivität von Thromboseprophylaxe als Intervention in der Gravidität) gestartet, die den Hochrisikobereich in der Schwangerschaft weiter differenziert. Eine Teilnahme an der EThIG-Untersuchung steht jeder Klinik, die eine Schwangerenbetreuung vornimmt, frei.

Die Thromboembolieprophylaxe wird mit Dalteparin, einem niedermolekularen Heparin, das auch in Deutschland für die Prophylaxe im Hochrisikobereich zugelassen ist, durchgeführt. Entsprechend dem
steigenden Risiko wird die Prophylaxe in der EThIG-Untersuchung intensiviert.

Internationale und auch unsere Arbeitsgruppen haben sehr gute Erfahrungen mit der Anwendung von Dalteparin bei Hochrisikoschwangerschaften gesammelt. Die gute Steuerbarkeit der Heparinisierung und die geringe Osteoporose- und das geringe Blutungsrisiko im Vergleich zu Standardheparinen müssen erwähnt werden. Für Nadroparin, welches als zweites niedermolelulares Heparin in Deutschland für die Prophylaxe im Hochrisikobereich zugelassen ist, fehlen noch größere Untersuchungen während Hochrisikoschwangerschaften.

Physikalische Thromboembolieprophylaxe

Die physikalische Thromboembolieprophylaxe, die für alle Risikogruppen als obligat angesehen wird, besteht aus drei Maßnahmen. Eine thromboseprophylaktische Wirksamkeit wurde für die Thromboseprophylaxestrümpfe sowie für die intermittierende Beinkompression nachgewiesen. Die Wirkung dieser Maßnahmen beruht im wesentlichen auf der Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit in den Bein- und den Beckenvenen sowie der V. cava inferior auf das 1,5-fache, auf einer Aktivierung von Plasminogenaktivatoren (gesteigerte Fibrinolyse) sowie auf einer geringeren Venensegmentbeteiligung bei Thrombosen, deren Ausdehnungen dadurch kleiner sind. Als weiteres ist Venengymnastik, z.B. nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßsport, anzuraten. Und als letztes ist eine Risikoreduktion durch Vermeidungsstrategien (z.B. Regeln nach May) anzustreben:

Risikoreduktion durch Vermeidungsstrategien

  1. Meiden Sie Wärme über 28 Grad: keine Sonne, Sauna, Wärmflaschen, nicht heiß baden.
  2. Meiden Sie stehende und sitzende Tätigkeiten von mehr als einer Stunde. Wenn sich das nicht vermeiden lässt, laufen Sie zwischendurch ein paar Schritte oder machen Sie Zehenstand-Übungen.
  3. Lagern Sie bei Schwellungen die Beine nachts hoch; dabei soll das Fußende des Bettes hochgestellt werden. Schlecht ist es, wenn man nur einen Keil unter das Knie legt, denn dabei wird das Knie zu sehr gestreckt.
  4. Duschen Sie die Beine, vor allem die Füße und Unterschenkel 2 x täglich oder öfter kalt ab. Das Wasser sollte nicht eiskalt sondern als angenehm kühl empfunden werden (16- 18 Grad). Die Duschzeit muss 5-10 Minuten betragen. Bei Herzschwäche und Arthrosen der Füße ist Vorsicht geboten und vorher der Hausarzt zu befragen.
  5. Vermeiden Sie häufiges schweres Heben und alles, was mit Pressen zu tun hat (Kegeln, Kraftsport etc.). Achten Sie auf weichen Stuhlgang.
  6. Auch Sport sollten Sie treiben: Laufen, Schwimmen, Radfahren. Meiden Sie Sportarten mit großem Verletzungsrisiko (Fußball) oder mit abruptem Abstoppen (Squash, Tennis).
  7. Messen Sie täglich morgens und abends die Beinumfänge an Knöchel und Wade und führen Sie Buch über Wetter, Tätigkeiten, Besonderheiten, dann sehen Sie am besten, wann Ihr Bein anschwillt.
  8. Bei neu auftretenden Beschwerden, insbesondere langanhaltendem Muskelkater (mehr als 2 Tage) der Beine, Husten, Atemnot, Schwindel über Tage anhaltend, suchen Sie sofort einen Arzt auf.
  9. Trinken Sie ausreichend, vor allem in der warmen Jahreszeit mindestens 2 Liter pro Tag.
  10. Tragen Sie geeignetes Schuhwerk: je flacher der Absatz um so besser. Absätze höher als 6-8 cm sind äußerst schädlich für Venen und Beine. Barfuß gehen so oft wie möglich.
  11. Krampfadern, Pille und Rauchen vertragen sich nicht. Grundsätzlich wird in der Regel eine Prophylaxedauer von 7-10 Tagen empfohlen. Bei Hochrisikopatienten nach und nicht ausreichender Mobilität ist eine Prophylaxedauer von 3 Wochen und länger stationärer Demission oder bis zur Gipsentnahme (orale Antikoagulation, niedermolekulare Heparine) angezeigt.

Ambulante medikamentöse Therapie

Niedermolekulare Heparine

Die ambulante medikamentöse Therapie der Beinvenenthrombose bzw. die anschließende Therapie nacheiner fibrinolytischen Therapie, einer gefäßchirurgischen Thrombektomie oder einer konservativen Akuttherapie mit Standardheparin (unfraktioniertes Heparin) ist die orale Antikoagulation oder auch der Einsatz von niedermolekularen Heparinen. Die ausgezeichnete Bioverfügbarkeit der unterschiedlichen niedermolekularen Heparine mit längerer Halbwertszeit im Vergleich zu den Standardheparinen ermöglicht eine gewichtsadjustierte Dosierung mit großen Injektionsintervallen. 1 bis 2 tägliche Injektionen – je nach Präparat – sind in der Regel ausreichend, um einen 24 h andauernden antikoagulatorischen Effekt zu erzielen. Ein weiterer Vorteil in der Therapie der Thrombose ist die geringe Inzidenz unerwünschter Nebenwirkungen der niedermolekularen Heparine im Vergleich zu den Standardheparinen.

Eine Metaanalyse von 16 randomisierten Studien mit verschiedenen niedermolekularen Heparinen wie Dalteparin, Nadroparin und Tinzaparin belegt die sehr gute Wirksamkeit in der Thrombosetherapie im Vergleich zu den Standardheparinen. Aktuelle Untersuchungen unterstreichen, daß eine ambulante Thrombosetherapie mit niedermolekularen Heparinen ebenso wirksam und sicher sein kann wie die stationäre Therapie mit Standardheparinen. Allerdings ergeben sich für die untersuchten niedermolekularen Heparine deutliche Unterschiede bezüglich der Häufigkeit thromboembolischer Komplikationen und Blutungen. Daher können Ergebnisse eines Präparates nicht auf andere übertragen werden. Somit existieren auch unterschiedliche Anwendungsempfehlungen für Dalteparin, Nadroparin und Tinzaparin. Während Dalteparin unmittelbar vor der Zulassung in Deutschland für die Therapie von Thromboembolien steht, sind Nadroparin und Tinzaparin bereits über eine EU-Zulassung auch in Deutschland zugelassen.

Grundsätzlich wird bei der therapeutischen Anwendung der niedermolekularen Heparine ein Labormonitoring als nicht notwendig angesehen, wenn die Dosis entsprechend den Fachinformationen des jeweils verwendeten niedermolekularen Heparins exakt auf das entsprechende Körpergewicht des Patienten abgestimmt wird. Beispielsweise in der Schwangerschaft, insbesondere durch die intragraviditäre Veränderung des Plasmavolumens, erscheint eine Laborkontrolle der Heparindosis bzw. des Heparineffektes der niedermolekularen Heparine mit entsprechender Dosisanpassung empfehlenswert. Da ein Hauptmechanismus der niedermolekularen Heparine die Inhibierung des Faktor Xa darstellt, ist ein Labormonitoring über den zeitlich aufwendiger zu bestimmenden Anti-X-a-Spiegel oder den HEP-Test möglich. Der therapeutisch anzustrebende Anti-X-a-Spiegel sollte zwischen 0,4 bis 0,8 Anti-Xa IU oder im HEP-Test zwischen 50 und 120 Sekunden liegen.

Orale Antikoagulation

Die Umstellung der antithrombotischen Therapie auf eine orale Antikoagulation, z.B. mit Kumarinen, hat stets überlappend mit einer parallelen Heparingabe in der Regel über 4 bis 5 Tage zu erfolgen. Die oralen Vitamin-K-Antagonisten, wie z.B. Phenprocoumon (Marcumar®, Falithrom®) entwickeln frühstens nach 3 bis 4 Tagen ihren vollständigen antikoagulatorischen Effekt. Da zu Beginn dieser Therapie die Aktivität des ebenfalls Vitamin-K-abhängigen Protein C (Gerinnungsinhibitor) aufgrund der kürzeren Halbwertszeit schneller abnimmt als die der Vitamin-K-abhängigen prokoagulatorischen Faktoren ist das thrombogene Risiko in der Anfangsphase dieser Therapie erhöht. Es kann bei bis zu 20% der Patienten, die nach einer Thrombose nur mit Kumarinen ohne eine parallele Heparingabe eingestellt werden, eine symptomatische Thromboseprogredienz beobachtet werden. Desweiteren steigt das Risiko der Kumarinnekrose mit der Dosis der Vitamin-K-Antagonisten zu Beginn der oralen Antikoagulation.

Daher ist es empfehlenswert, die orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten einschleichend zu beginnen. So sollte die Tageshöchstdosis 6 bis 9 mg Phenprocoumon betragen, z.B. über 3 Tage 3 - 3 - 2 Tabletten oder über 4 Tage 2 - 2 - 2 - 2.

Die Einstellung des Zielbereiches erfolgt nach INR ("international normalized ratio"), um eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Testsysteme zur Bestimmung des Quick-Wertes zu erreichen. Hierbei herrscht Einigkeit über die anzustrebenden Einstellungsbereiche, auch unter Berücksichtigung des Blutungsrisikos. Das Blutungsrisiko steigt in Abhängigkeit zum INR, der parallelen Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika bzw. Analgetika (z.B. Acetylsalicylsäure), Antibiotika und Thrombozytenfunktionshemmern und verhält sich invers zu der Dauer der Antikoagulation. Kumarinderivate sind in der Schwangerschaft, insbesondere in der dritten bis neunten Schwangerschaftswoche ("fetal warferine syndrome"), wegen ihrer teratogenen Wirkung kontraindiziert. Schwangerschaftsthrombosen sollten mindestens bis 3 Monate nach Geburt, vorwiegend durch niedermolekulare Heparine, antikoaguliert werden.

Eine Dauer der oralen Antikoagulation von 3 bis 6 Monaten nach tiefer Venenthrombose ist weit verbreitet, obwohl nur wenige kontrollierte Untersuchungen zu dieser Fragestellung existieren. Das Problem bezüglich der Dauer der Antikoagulation besteht in der Heterogenität der Thrombosen unter Berücksichtigung der Ätiologie, des Verlaufes und des Rezidivrisikos. So zeigen prospektive Untersuchungen seltener Thromboserezidive bei reversiblen und passageren Risikofaktoren (perioperativ oder posttraumatisch) im Vergleich zur idiopathischen Thrombose oder beim Vorliegen permanenter Risikofaktoren (hereditäre oder erworbene Thrombophile, Karzinom). Patienten mit idiopathischer Thromboembolie sollten deutlich länger als 3 Monate, bei einem Rezidiv lebenslang mit Antikoagulanzien behandelt werden.